WEINGARTEN (db)- Am Blutfreitag, dem Freitag nach Christi Himmelfahrt, findet in Weingarten der Blutritt statt. Zu dem kirchlichen Brauchtum kommen jedes Jahr viele Reiter aus nah und fern. Dazu gehört auch die Blutreitergruppe des Reit- und Fahrvereins Röhlingen.
Unzählige Zuschauer säumen die Wege, wenn die Prozession der Blutreiter durch die Straßen zieht. Nahezu dreitausend Reiter, verteilt auf einhundert Blutreitergruppen, sind Jahr für Jahr dabei. Dabei sind die Blutreitergruppen teilweise mehr als hundert Reiter stark. Und jedes Jahr werden es mehr Reiter, die an diesem traditionellen Blutritt teilnehmen!
Auch Blutreitergruppen aus dem Ostalbkreis sind bei diesem Blutritt vertreten. Dazu gehören die Blutreitergruppen von Jagstzell, Neuler, Röhlingen und Aalen-Waldhausen-Großkuchen. Die Blutreitergruppe des Reit- und Fahrvereins Röhlingen nimmt am Blutritt von Weingarten seit 1973 teil. Damals gab es noch eine eher unregelmäßge Teilnahme, aber seit 1982 sind die Röhlinger Reiter jedes Jahr in Weingarten dabei. Sogar bis zu elf Reiter konnte die Gruppe der Blutreiter schon umfassen. Häufig werden sie von Familienmitgliedern und Bekannten als Pilger begleitet.
Im Jahr 1999 hat die Röhlinger Blutreitergruppe für 25 Jahre Teilnahme am Blutritt in Weingarten eine Urkunde erhalten.
Wie stark die Reiter mit dem Blutritt zu Weingarten verbunden sind, zeigen die vielen Jubliläen. Es gibt Blutreitergruppen mit 50-jährigem Bestehen, mit 75 Jahren und 100 Jahren. Einzelne Reiter sind selbst schon fünfzig oder gar sechzig Mal dabei gewesen.
Den Blutritt begleiten 35 Musikgruppen, die teilweise auch schon seit 100 Jahren dabei sind.
Die Blutreiter reisen überwiegend schon am Donnerstag an. Sie bekommen Quartiere für sich und die Pferde vermittelt. So auch die Teilnehmer aus Röhlingen. Abfahrt ist traditionell um die Mittagszeit im Hof der Familie Kirsch in Röhlingen. Vorher sitzen alle Teilnehmer gemütlich bei Kaffee und Kuchen oder Brezeln beieinander. Gruppenführer der Röhlinger Blutreitergruppe war von 1973 bis 1999 der „Sattler“, Josef Betzler. Seit 2000 ist Gebhard Bühler Gruppenführer.
Am Vorabend des Blutritts findet um 20.30Uhr eine Festpredigt statt. Diese wird immer von einem besonderen Festprediger gehalten, auch Bischöfe sind dort zu finden. Anschließend gibt es eine Lichterprozession zum Kreuzberg, die gegen 23.00Uhr endet.
Der Blutritt am Blutfreitag selbst beginnt um 7.00Uhr mit der Übergabe der Heilig-Blut-Reliquie an den Heilig-Blut-Reiter, der von der Kirchengemeinde St. Martin in Weingarten gestellt wird. Lange Jahre war es ein Ordensbruder des Klosters in Weingarten, aber nach der Schließung des Klosters wird diese Aufgabe von der Kirchengemeinde übernommen.
Gegen 11.00Uhr wird die Heilig-Blut-Reliquie im äußeren Klosterhof zurückgegeben und anschließend folgt ein Pontifikalamt.
Der Blutritt von Weingarten hat bei den Reitern einen besonders hohen Stellenwert. Er unterscheidet sich von den anderen bekannten Blutritten. Er ist eine reine „Männerwallfahrt“, bei der der Segen für das Land dazukommt. Bei den “normalen” Blutritten kann jeder Reiter teilnehmen. In Weingarten ist dies anders. Wenn eine Gruppe neu dazu kommen will, muß sie sich in Weingarten bewerben. Jede Blutreitergruppe muß jedes Jahr am Blutritt teilnehmen. Zur Ausstattung zahlreicher Pferde gehört auch eine Kandare, bei den Reitern ist Frack mit Zylinder erwünscht. Aus Tradition sind in Weingarten nur männliche Reiter vertreten, was den Blutritt ebenso von den anderen Blutritten abgrenzt. Mädchen sind in Weingarten zwar auch zu sehen, aber diese sind Ministrantinnen. Dies ist der einzige Fall, dass Mädchen teilnehmen können.
Bei den Altersgruppen sind viele Senioren vertreten. Viele Reiter sind über 70 Jahre alt und immer noch dabei. Es sind aber auch junge Reiter zu sehen, teilweise sind diese erst sechs bis sieben Jahre alt.
1994 feierte Weingarten 900 Jahre Heilig-Blut-Verehrung in Weingarten, 1998 folgte 950 Jahre Auffindung des Heiligen Blutes in Mantua.
Info: Die Heilig-Blut-Reliquie ist ein Teil eines in Mantua aufgefundenen Schatzes und gelangte in Jahr 1094 durch Juditha, die Tochter Richard III von der Normandie, nach Weingarten als Stiftung an das Kloster. Aus einem Flurumgang zu Fuß, später auch zu Pferd, in der Bittwoche mit der Heilig-Blut-Reliquie zum Segen der keimenden Saaten entwickelte sich der Blutritt von Weingarten, u.a. 1529 als “von altersher” bezeugt.
Diese Info stammt aus dem “Festgruß zum Blutfreitag in Weingarten” “Ursprung und Bedeutung der Heilig-Blut- Reliquie” von Fr. Michael Aberle OSB und aus dem Heft “Das Heilige Blut zu Weingarten”